"Volkskrankheit" Rückenschmerzen - Was tun?
Seit Langem gelten Rückenschmerzen fast schon als „Volkskrankheit“. Im Ranking der Diagnosen einer Arbeitsunfähigkeit sind sie sehr weit vorne zu finden. Die Ursachen sind oft banal, können aber dennoch sehr vielfältig sein. Bei der „Bekämpfung“ der leidigen Probleme ist es daher wichtig, genau hinzuschauen. Mona Habel, Physiotherapeutin und Inhaberin des Medizinischen Trainingszentrums Großwallstadt versucht etwas aufzuklären.
Mona, die Problematik der Rückenschmerzen entwickelt sich immer mehr zu einem Dauerproblem, doch muss das wirklich so sein?
Mona Habel: Das stimmt. Immer mehr Patienten klagen über dauerhafte Rückenschmerzen. Statistisch gesehen hat sogar jeder dritte in Deutschland anhaltende Rückenschmerzen. Dabei muss das wirklich nicht sein. Durch vorbeugende Maßnahmen lassen sich Rückenschmerzen nämlich sehr gut verhindern. Aber auch bei bestehenden Problemen lässt sich durch eine Kräftigung des Rückens bzw. durch den richtigen Umgang mit Schmerzen einiges bewirken. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass man mehr Einfluss auf seinen Rücken nehmen kann, als man das vielleicht zu Beginn vermutet.
Welche Tipps gibst Du Deinen Patienten, die ihre Rückenschmerzen loswerden wollen?
Mona Habel: Ich denke jeder weiß, dass es den einen Tipp hier nicht gibt. Generell steht aber zuerst die Frage, ob es ein akutes Problem ist und bereits eine Schädigung von Strukturen (z.B. der Bandscheiben) vorliegt. Das muss unbedingt von einem Arzt untersucht werden, der dann auch die weiteren Schritte empfiehlt.
D.h. man sollte mit seinen Problemen erst mal zum Arzt?
Mona Habel: Ja, wenn man akute Schmerzen hat sollte man unbedingt zum Arzt gehen. Denn für die Steuerung einer notwendigen Heilbehandlung ist in erster Linie der Arzt verantwortlich. Diese kann er dann per „Rezept“ an uns Physiotherapeuten delegieren. In der Therapie können wir dann schon sehr viel unternehmen, um zunächst die Schmerzen zu lindern und dann auch dabei zu unterstützen, dass sie nicht mehr so schnell zurückkommen.
Das war auch der Kern der zweiten Frage. Was kann man Leuten empfehlen, die immer wieder Rückenprobleme haben, aber ohne akute Schmerzen? Und was kann man generell tun, um erst gar keine Probleme zu bekommen?
Mona Habel: Die Ursache der Probleme sind meist dauerhafte einseitige Belastungen, auch das ist kein Geheimnis. Langes Stehen, langes Sitzen, schwere Lasten oder permanente gleiche Bewegungsabläufe verkürzen und verspannen die Muskulatur einseitig. Um Schädigungen der Wirbelsäule, der Bandscheiben und anderer Gelenke zu vermeiden, wäre es ideal, früh „einzugreifen“. Zum einen ist es wichtig, die beanspruchte Muskulatur durch Massagen oder Stretching zu entspannen, zum anderen muss die im Alltag weniger beanspruchte Muskulatur gezielt gekräftigt werden, dass der Körper im Gleichgewicht bleibt.
Das klingt einfach. Wer aber schon Probleme spürt, hat den idealen Zeitpunkt doch oft bereits verpasst?
Mona Habel: Korrekt! Daher ist es tatsächlich auch nicht ganz so einfach. Man muss dann genau analysieren, wo die Defizite bzw. Dysbalancen liegen. Im MTZ machen wir das teilweise mit „manuellen“ Beweglichkeitsanalysen aber auch mit genauen computergestützten Krafttests. Bei der folgenden Ausgestaltung eines individuellen Trainingsplanes spielt aber auch das persönliche Belastungsprofil eine wichtige Rolle. Denn Rückenproblemen allein mit ein paar Kraft- und Dehnübungen langfristig vorbeugen zu wollen, greift leider etwas kurz.
Wie meinst Du das?
Mona Habel: Ursächlich dafür sind oft die weniger beachteten Bereiche wie beispielsweise die kleinen stabilisierenden Muskeln. Oder was ist mit unserer Händen und Füßen? Das sind die permanenten Kontaktflächen zu unserer Umwelt. Wer viel greifen muss verspannt seine Hand- und Unterarm Muskulatur. Die Kette zieht dann über Schultern und belastet den oberen Rücken. Das sind natürlich langfristige Prozesse. Daher dürfen diese Bereiche in einem kompletten präventiven Trainingsprogramm nie fehlen.